Freistellungswahn bei der Vogelfotografie

Volker erstellte das Thema Freistellungswahn bei der Vogelfotografie

6 Jahre 11 Monate her

Hallo,

mich würde sehr interessieren, wie andere Vogelfotografen eigentlich über den weit verbreiteten "Freistellungswahn" denken, der teilweise zu fast schon grotesken Fotos führt?

Bei vielen Fotos ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, dass neben dem zentralen Motiv auch das Habitat mit in Szene gesetzt wird. Damit meine ich natürlich nicht, dass der Hintergrund genauso scharf abgebildet werden soll wie der Vogel. Aber generell finde ich es wünschenswert, dass der unscharf abgebildete Hinter- bzw. Vordergrund beim Betrachter durchaus auch eine Assoziation aufkommen lässt, in welchem Lebensraumtypus die Aufnahme entstanden ist.

Oft wird bei Fotos vorschnell eingewandt, der Hintergrund sei zu unruhig. Dabei beschleicht mich das Gefühl, dass solche Aussagen in erster Linie dadurch entstehen, dass man meint, unkritisch auf Teufel komm raus dem Freistellungs"gefasel" Dritter nachkommen und dieses auch noch verbreiten zu müssen.

Sicherlich gibt es Motive, bei denen die vollständige Ausblendungen von Einzelheiten im Hintergrund durch Unschärfe wünschenswert sind. Aber m. E. kann man das nicht als STRIKTE Regel für Vogelfotos vorgeben. Bspw. finde ich ein Rohrdommelfoto mit angedeutetem Schilf im Hintergrund wesentlich spannender als das gleiche Bild mit "NICHTS" im Hintergrund. Oder ein Vogel, der sich an den Boden drückt, weil starker Wind herrscht: Da macht es m. E. durchaus einen Unterschied, ob durch den Wind verbogene Grashalme im Hintergrund "erzählen", warum das Tier sich an den Boden presst, oder ob ich im Hintergrund einfach nur eine homogene grüne Fläche sehe.

Viele Grüße
Volker

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Peter Fuhse antwortete auf das Thema: Freistellungswahn bei der Vogelfotografie

6 Jahre 7 Monate her

Hi zusammen,
das ist jetzt der x-te Anlauf, um auf die klugen Ausführungen zu antworten. Immer kam etwas dazwischen: Haustür, Telefon, ...

Jetzt aber: Ich teile exakt diesen Eindruck. Der "Freistellungswahn" begegnet in vielen - nahezu allen - Bereichen der Fotografie: Makro, People, ... bis zu Food und Technik. Ist ja auch schön: freigestellt von einem harmonischen Hintergrund, in dem sich die Farbe des Motivs wiederfindet. Das hat was. Wenn möglich, dann achte ich beim fotografieren darauf. Genauso wichtig ist es mir aber, die ganze Szene einzufangen. Ich will Geschichten erzählen; dazu gehören dann zwangsweise mehr Informationen.
Aber - ist es nicht typisch, dass meine vor dem Himmel freigestellte Sumpfohreule 5 Sternchen bekommen hat, die auf der Warte sitzende Eule aber keins (Dank für die wohlwollenden Kommentare)? Schauen wir nicht in gleicher Weise auf Bilder?

Viel schlimmer aber finde ich den "Weitwinkelwahn" in der Vogelfotografie, wenn Bilder am Rand der Nester und Gelege geschossen werden.

Aber das alles nur am Rand - es hat geklingelt.
LGPeter

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wolfcgn antwortete auf das Thema: Freistellungswahn bei der Vogelfotografie

6 Jahre 7 Monate her


Hallo Peter,

dazu möchte ich nur kurz anmerken, dass z.B. auch Deine Sperlingskäuzchen mit viel Umgebung (Sperlingskauz 2 und Jungvogel) oder der putzige und wunderschöne Kranichspaziergang verdientermaßen 5 Sternchen ansammeln konnten... ;-)

Das feine Bild der sitzenden Sumpfohreule würde ich jetzt nicht unbedingt als Beleg für die hier aufgestellte "Wahn-These" verwenden, so sehe ich das jedenfalls... ;-)

Und wenn ich mit einem Teleobjektiv unterwegs bin und das Glück habe, einem Vogel recht nahe zu kommen bzw. dieser sich mir so sehr nähert, dann erhalte ich automatisch eine gewisse "Grundfreistellung" ;-) Um dem entgegenzuwirken, müsste ich dann vor Ort auf eine kürzere Brennweite wechseln - oder generell ein Telezoom verwenden...

Also ich mag sehr gerne sowohl schöne Großaufnahmen freigestellter Vögel als auch Fotos von Tieren in (und mit) ihrem Lebensumfeld. Das eine schließt ja das andere nicht aus ;-)

Viele liebe Grüße
Wolfgang

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Peter Fuhse antwortete auf das Thema: Freistellungswahn bei der Vogelfotografie

6 Jahre 7 Monate her

Wolfgang: Also ich mag sehr gerne sowohl schöne Großaufnahmen freigestellter Vögel als auch Fotos von Tieren in (und mit) ihrem Lebensumfeld. Das eine schließt ja das andere nicht aus ;-)

So sehe ich es auch. Beides zusammen ergänzt sich perfekt und eignet sich, um Geschichten zu erzählen. Aber .... zumindest ich ertappe mich immer dabei, dass ich Bildern mit freigestellten Motiven einen zweiten Blick gönne oder diese eher meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ich bin dabei, mich von alten Sehgewohnheiten zu emanzipieren, Insofern hätte ich eher von "mir" als "uns" sprechen müssen :)

LGPeter

PS Ich glaub, ich hab ein gutes Beispiel für diesen Freistellungswahn. Eine Uferschnepfe auf einem Pfahl. Ich hatte dieses Bild im Kopf, weil schon oft gesehen. Als ich es dann endlich fotografiert hatte, war es wie eine Befreiung, die Tiere anders zu fotografieren. So etwas passiert mir nicht noch einmal. Im Gegenteil - es lebe der eigene Stil und der Weg dahin.

Letzte Änderung: 6 Jahre 7 Monate her von Peter Fuhse.

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Alexander antwortete auf das Thema: Freistellungswahn bei der Vogelfotografie

6 Jahre 2 Monate her

Hallo zusammen,

ich sehe diesen Trend / Wahn auch mit gemischten Gefühlen. Klar ist schon ganz gut, das Hauptmotiv etwas vom Hintergrund zu trennen, damit es mehr hervortritt. Allerdings gibt es auch Trends das Ganze dann schon ins künstlerische - sehr verschwommene, nur andeutungsweise zeigen, abzudriften. Das ist mir öfters auch zu extrem.

Es soll Natur in Ihrer Schönheit gezeigt werden und nicht irgendwelche diffusen milchigen Abwandlungen davon, bei denen man schon raten muss was es sein soll.

Weiterhin habe ich das Gefühl, seit APS-C / MFT etc - also kleinere Sensoren, tolle Leistungen bringen, versuchen die Kleinbild-fotografen immer mehr sich auf das Freistellen zu versteifen, weil ja das nur mit ihrem tollen Kleinbildsensoren geht. Bitte nicht falsch verstehen, aber genau diesen Eindruck habe ich manchmal

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Hahn antwortete auf das Thema: Freistellungswahn bei der Vogelfotografie

6 Jahre 2 Monate her

Ich bin ein erklärter Fan der Freistellung, wenn es dem Bild zu einer besseren Wirkung verhilft, d.h. aber auch nicht Freistellung der Freistellung wegen. Natürlich ist es immer Geschmacksache was man ansprechend findet. Ich versuche Bilder zu machen die den Anspruch haben nicht nur Belegbilder von Tieren zu sein (auch wenn ich an meinem eigen Anspruch oft genug scheitere!), sondern sie sollen auch eine Stimmung transportieren (noch besser eine Geschichte zu erzählen, leider gelingt mir das nicht oft), das kann mal mit Freistellung besser gelingen oder mit einer stimmungsvoll ins Bild eingebundenen Umgebung ohne jegliche Freistellung. Nicht falsch verstehen, ich habe nicht gegen Belegbilder, ich hätte an dieser Fotografie nur persönlich keinen Spaß. Ich versuche was die Stilmittel betrifft flexibel zu bleiben und versuche sie der Situation anzupassen. Im Übrigen setze ich auch hier und da PS zur Freistellung ein, da benötigt man nicht zwingend FF, aber Puristen werden das schlecht finden, da gilt wie immer das Motte jeder nach seiner Façon, ich benutze alle verfügbaren Mittel, dazu gehört auch die Bildbearbeitung, an der ich auch Spaß habe,
Grüße Steve

Letzte Änderung: 6 Jahre 2 Monate her von Hahn.

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